Allgemeinverfügung zum Verbot von Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern im Landkreis Barnim
Auf der Grundlage des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), das zuletzt durch den Artikel 2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2254) geändert worden ist, in Verbindung mit dem Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. März 2012 (GVBl. I/12, [Nr. 20]), zuletzt geändert durch den Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2017 (GVBl. I/17, [Nr. 28]), erlässt der Landkreis Barnim als untere Wasserbehörde folgende
Allgemeinverfügung zur Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs - Verbot von Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen
1. Die Allgemeinverfügung erstreckt sich auf das Kreisgebiet des Landkreises Barnim.
2. Die Wasserentnahme aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen wird untersagt, ausgenommen sind wasserrechtlich erlaubte Wasserentnahmen.
3. Im Einzelfall kann die untere Wasserbehörde auf Antrag eine Ausnahme von den Einschränkungen nach Nummer 2 dieser Allgemeinverfügung erteilen, soweit eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten ist.
4. Diese Allgemeinverfügung gilt bis auf Widerruf.
5. Die sofortige Vollziehung zu Nummer 2 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.
6. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Begründung
Die bestehenden Beeinträchtigungen des regionalen Wasserhaushaltes durch die fehlenden Niederschläge der Jahre 2018 und 2019 und die gegenwärtig anhaltende trockene Wetterlage führt in den Gewässern erneut zu sehr geringen Durchflussmengen bzw. Wasserständen. Es hat sich eine andauernde Niedrigwassersituation eingestellt. Damit sind negativen Auswirkungen insbesondere auf den Wasserhaushalt und die Eigenschaften des Wassers verbunden.
Insbesondere die stehenden und fließenden Oberflächengewässer haben aufgrund fehlender Zuflüsse, hoher Verdunstungsraten und fallender Grundwasserpegel kritische Wasserstände erreicht. In Verbindung mit hohen Temperaturen führt dies zur Gefahr von erheblichen Beeinträchtigungen des ökologischen Zustandes der Gewässer. Es besteht die dringende Notwendigkeit, alle Maßnahmen zum Sparen von Wasser und zur Sicherstellung von Mindestabflüssen zu ergreifen, um Schäden infolge der anhaltenden Trockenheit so gering wie möglich zu halten und nachteilige Gewässereigenschaften zu vermeiden.
Der Landkreis Barnim als untere Wasserbehörde ist zum Erlass von Allgemeinverfügungen nach § 100 Abs. 1 WHG i. V. m. § 103 Abs. 1 und 2 BbgWG sachlich, nach § 4 Abs. 1 OBG auch örtlich zuständig.
Gemäß § 100 Abs. 1 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.
Gemäß § 43 Abs. 1 BbgWG darf jedermann u. a. an oberirdischen Gewässern durch Schöpfen mit Handgefäßen (z. B. Gießkannen) Wasser aus Oberflächengewässern entnehmen.
Nach § 26 Abs. 1 WHG ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung, soweit durch Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt ist, für die Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder die durch ihn berechtigte Person für den eigenen Bedarf nicht erforderlich, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes zu erwarten sind. Laut Abs. 2 dürfen die Eigentümer der an oberirdische Gewässer grenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger) oberirdische Gewässer ohne Erlaubnis oder Bewilligung nach Maßgabe des Absatzes 1 benutzen. Das Brandenburgische Wassergesetz regelt im § 45 den Anliegergebrauch bzw. dessen Einschränkungen.
Aufgrund der gegenwärtigen Situation kann aber insbesondere durch die Entnahme von Wasser mit Pumpvorrichtungen eine weitere nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, eine weitere wesentliche Verminderung der Wasserführung und eine weitere Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes nicht ausgeschlossen werden. Durch die anhaltend geringen Niederschlagsmengen der Jahre 2018, 2019 bis zum jetzigen Zeitpunkt und die gleichzeitige Erhöhung der Verdunstung ist es zu einer Verschlechterung des Gewässerzustandes und der Wasserführung gekommen.
Die untere Wasserbehörde kann gemäß § 44 Nr. 1 BbgWG durch Allgemeinverfügung die Ausübung eines Teilbereiches des Gemeingebrauchs regeln, beschränken oder verbieten, um die Eigenschaften und den Zustand der Gewässer einschließlich des Gewässerbodens und der Ufer vor nachteiligen Veränderungen zu schützen.
Nach § 45 BbgWG gilt § 44 BbgWG sinngemäß auch für den Anliegergebrauch. Nach pflichtgemäßem Ermessen ist ein behördliches Einschreiten erforderlich, da der Zustand der Gewässer sich wesentlich und dauerhaft verschlechtert hat. Weiterhin ist die angeordnete Maßnahme nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (gemäß § 14 OBG) getroffen worden.
Die derzeit kritischen Gewässerzustände machen ein Verbot zur Wasserentnahme mittels Pumpvorrichtungen erforderlich. Die Allgemeinverfügung ist angemessen und geeignet, um vorsorglich die Lebensgrundlage Wasser, die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Natur und das Wohl der Allgemeinheit einschließlich der Rechte von Wasserrechtsinhabern zu schützen und zu erhalten. Sie ist auch ein geeignetes Mittel zur Absicherung der ökologischen wassermengen- und wassergütewirtschaftlichen Anforderungen.
Die Allgemeinverfügung gemäß § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG gilt bis auf Widerruf, weil derzeit nicht absehbar ist, wie lange die gegenwärtige Situation anhält.
Begründung der sofortigen Vollziehung
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist aus überwiegendem öffentlichen Interesse erforderlich, um weitere Eingriffe in den Wasserhaushalt abzuwehren. Die aufschiebende Wirkung etwaiger Rechtsbehelfe liefe dem Zweck der Verfügung – der Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs durch Verbot von Entnahmen aus Oberflächengewässern mittels Pumpeinrichtungen – zuwider. Die fortwährende und unkontrollierte Entnahme von Wasser aus den Oberflächengewässern ist eine latente Gefährdung des Wasserhaushaltes. Weiterhin soll sichergestellt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften vermieden wird und die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushaltes erhalten bleibt.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Landkreis Barnim, Der Landrat, Am Markt 1, 16225 Eberswalde schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen. Der Widerspruch kann auch durch E-Mail mit qualifiziert elektronischer Signatur eingelegt werden. Die E-Mail-Adresse lautet: rechtsbehelf@kvbarnim.de.
Hinweise
Ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung hätte jedoch wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden. Der Antrag ist beim Verwaltungsgericht Frankfurt/ Oder, Logenstr. 6, 15230 Frankfurt/ Oder, poststelle@vg-frankfurt- oder.brandenburg.de, schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift der Urkundsbeamtin oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewährt, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg in der jeweils geltenden Fassung entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht (E-Mail) zu übermitteln ist.
Die untere Wasserbehörde des Landkreises Barnim kontrolliert die Einhaltung der Allgemeinverfügung. Verstöße gegen diese Allgemeinverfügung können gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 103 Abs. 2 WHG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden.
Eberswalde, den 15. Mai 2020
gezeichnet
in Vertretung Holger Lampe 1. Beigeordneter
Landkreis Barnim
Rechtsgrundlagen
Auf Grund des § 43 Absatz 1a des Brandenburgischen Wassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. März 2012 (GVBl. I Nr. 20), der durch Artikel 1 Nummer 18 des Gesetzes vom 4. Dezember 2017 (GVBl. I Nr. 28) eingefügt worden ist, verordnet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft:
(1) Diese Verordnung regelt den Gemeingebrauch nach § 43 Absatz 1a des Brandenburgischen Wassergesetzes an oberirdischen stehenden, nicht schiffbaren Gewässern durch Befahren mit kleinen Fahrzeugen, die mit elektrischer Motorkraft angetrieben werden. Als kleine Fahrzeuge zählen solche bis zu 1 500 kg Wasserverdrängung und mit einer Motorleistung bis zu einem Kilowatt.
(2) Ausgenommen von dem Gemeingebrauch nach Absatz 1 sind Gewässer im Sinne des § 43 Absatz 4 des Brandenburgischen Wassergesetzes.
(1) Das Befahren darf nur so ausgeübt werden, wie dies der vorhandene natürliche und ausgebaute Zustand erlaubt. Auf die Herstellung oder Aufrechterhaltung der Benutzbarkeit besteht kein Anspruch.
(2) Benutzer und Benutzerinnen müssen sich so verhalten, dass keine anderen Personen gefährdet, geschädigt oder mehr als nach den Umständen vermeidbar behindert oder belästigt werden. Sie müssen ihr Verhalten außerdem so einrichten, dass Ufer, Anlagen und Einrichtungen im und am Gewässer nicht beschädigt oder beeinträchtigt werden.
(3) Alle Fahrzeuge haben einen Mindestabstand von einem Meter vom Ufer einzuhalten. Die ufernahen Wasserflächen dürfen zum An- und Ablegen auf dem kürzesten Weg befahren werden.
(4) Bestände von Wasserpflanzen, wie Schilf, Rohrkolben, Binsen und Seerosen, dürfen nicht befahren werden. Zu diesen bewachsenen Bereichen ist ein Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. Wasserfahrzeuge dürfen hier weder zu Wasser gelassen noch aus dem Wasser gezogen werden.
(5) An Badestellen im Sinne der Brandenburgischen Badegewässerverordnung ist das Befahren mit Wasserfahrzeugen nach § 1 Absatz 1 innerhalb der Badesaison verboten.
Verbots- und Ausnahmebestimmungen nach anderen Vorschriften, insbesondere naturschutzrechtlichen Regelungen, bleiben unberührt.
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Potsdam, den 14. Januar 2019